Theresa Pilsl. Jonas Müller. Leonard Becker
„Es ist wohl das erste Mal, dass ich dem, was von mir ausgeht, mit Zärtlichkeit nachsehe …“, schrieb Brahms im Juni 1894 in einem Brief an seinen Freund Hermann Deiters, nachdem er zuvor seinem Verleger Karl Simrock bekannt hatte: „Das einzige Werk, dessen Herausgabe mir Spaß macht“. Dieses „einzige Werk“ ist keineswegs eine seiner grandiosen Sinfonien oder das tröstliche „Deutsche Requiem“, sondern die Sammlung der „Deutschen Volkslieder op. 49“, seine umfangreichste und anspruchsvollste Sammlung von Volkslied-Bearbeitungen, erschienen in sieben Heften mit je sieben Liedern.
Der intime Charakter dieser Lieder steht in der Tradition der bürgerlichen Hausmusik, die zu Brahms’ Zeit auf ihrem Höhepunkt war. Diese Herkunft wird von den beiden Alumni der Heidelberger Frühling Liedakademie, der Sopranistin Theresa Pilsl, und dem Bariton Jonas Müller besonders belebt durch die Begleitung von Leonard Becker mit der Gitarre. Der überwiegend schlichte Begleitsatz wird heute gewöhnlich vom Klavier interpretiert, aber Brahms selbst erwähnte gegenüber seinem Freund Philipp Spitta, er habe nie das Bedürfnis gespürt, die Volkslieder „mit Clavier zu genießen“…
In der Auswahl der Lieder findet sich „Wie komm’ ich denn zur Tür herein“, bei dem Brahms die anzügliche letzte Strophe, die danach fragt, wie der kecke Besucher wohl unter die warme Decke kommt, bewusst nicht vertont hat. Außerdem eine von Brahms’ besten Liedbearbeitungen „In stiller Nacht“, deren raffiniertes Spannungsverhältnis zwischen Singstimme und Begleitung sich dem Charakter des Kunstlieds nähert.
Konzert ohne Pause